Prüfungsangst kenne ich aus eigener Erfahrung – dieses Ziehen im Magen, das Gedankenkarussell und das Gefühl, plötzlich nichts mehr abrufen zu können. Über die Jahre habe ich einfache, aber wirksame Techniken gesammelt, die ich selbst in Prüfungen einsetze und die ich auch in der Arbeit mit Schüler:innen und Studierenden empfehle. In diesem Artikel teile ich eine praxiserprobte 30-Minuten-Routine, die du unmittelbar vor einer Klausur oder sogar während kurzer Wartezeiten zwischen Aufgaben anwenden kannst. Ziel: Ruhe gewinnen, klar denken und die Leistung abrufen.
Warum 30 Minuten reichen können
30 Minuten sind lang genug, um Körper und Kopf zu beruhigen, und kurz genug, damit du nicht in eine Endlosschleife aus Grübeln gerätst. Wichtig ist die Reihenfolge: zuerst den Körper regulieren, dann die Gedanken ordnen und schließlich die Aufmerksamkeit auf das Hier und Jetzt lenken. Wenn du diese Schritte regelmäßig trainierst, werden sie automatischer und schneller wirken.
Vor der Klausur: 20-Minuten-Plan
Wenn du 20 Minuten vor Prüfungsbeginn noch Zeit hast, empfehle ich diese Folge von Übungen. Ich notiere mir gern die Zeiten auf einem kleinen Zettel oder verwende die Timer-Funktion des Handys (aber bitte lautlos!).
Setze dich aufrecht hin, Füße fest auf dem Boden. Schließe die Augen, wenn das möglich ist. Atme 4 Sekunden ein – 6 Sekunden aus. Wiederhole das 6–8 Mal. Diese verlängerte Ausatmung senkt die Aktivität des Sympathikus und beruhigt.
Spanne für je 5–7 Sekunden die Fäuste, lasse los. Schultern hochziehen – loslassen. Gesichtsmuskeln zusammenziehen – loslassen. Der Kontrast zwischen Spannung und Entspannung schafft sofortige Körperwahrnehmung.
Scanne schnell Kopf bis Fuß: Wo spürst du Anspannung? Lenke die Aufmerksamkeit bewusst dorthin und atme in diesen Bereich. Nutze ein Grounding-Mantra wie „Ich bin hier. Ich kann das.“ Tappe mit den Fingerspitzen leicht auf die Oberschenkel – das körperliche Signal hilft, im Jetzt zu bleiben.
Sage dir aktiv Sätze, die die Angst entkräften: „Ich habe mich vorbereitet. Fehler sind Lernstoff, kein Weltuntergang.“ Ersetze „Ich darf nicht versagen“ durch „Ich will mein Bestes geben.“ Wenn du möchtest, schreibe eine kurze Affirmation in Stichworten auf deinen Zettel.
Stell dir kurz vor, wie du die Klausursituation angehst: Du liest die Aufgaben, markierst Punkte, planst Zeit, beginnst mit der Aufgabe, die dir am besten liegt. Diese mentale Probe fährt das Gehirn auf Problemlösungsmodus – weniger Angst, mehr Handlung.
Während der Klausur: 10-Minuten-Techniken
In der Prüfung selbst brauchst du kompakte, pragmatische Tools. Ich nutze drei einfache Methoden, die ich dir hier erkläre.
Atme 4 Sekunden ein, halte 7 Sekunden, atme 8 Sekunden aus. Drei Wiederholungen reichen oft, um Panik abzuflachen. Mach das an einem Platz, wo du kurz nicht gestört wirst (z. B. nach dem Erhalt des Blattes).
Wenn Herzrasen kommt: Nenne innerlich 5 Dinge, die du sehen kannst, 4 Dinge, die du fühlst, 3 Geräusche, 2 Gerüche (oder zwei Dinge, die du dir vorstellen kannst), 1 Sache, die du schmeckst oder eine positive Erinnerung. Das bringt Aufmerksamkeit in den Körper und weg vom Angstgedanken.
Wenn du feststeckst, halte kurz die Stifte ab, lege die Hände locker im Schoß, schüttle die Hände dezent unter dem Tisch. Das kann helfen, Spannungen zu lösen und die Durchblutung zu fördern.
Wenn ein Blackout passiert
Ein Blackout fühlt sich furchtbar an, ist aber oft nur eine vorübergehende Störung. So gehe ich damit pragmatisch um:
Praktische Hilfsmittel und Apps
Manchmal ist Unterstützung sinnvoll. Ich nutze persönlich Symbole wie einen kleinen Zettel mit meiner Strategie oder den Timer des Handys. Apps können helfen, das Vorgehen zu üben:
Kurze Checkliste vor dem Betreten des Prüfungsraums
| 3 Dinge zu kontrollieren | Warum |
| Ausweis, Stifte, Uhr/Timer | Praktische Sicherheit reduziert Stress |
| Kurzzeit-Atmung (6 Atemzüge) | Schnelle Beruhigung |
| Affirmation auf dem Zettel | Fokus auf Ressourcen statt Angst |
Regelmäßiges Training macht den Unterschied
Diese Techniken wirken am besten, wenn du sie vorher trainierst. Ich empfehle: 3–5 Mal pro Woche für 5–10 Minuten Atem- und Kurzmeditationen üben, progressive Muskelentspannung einmal pro Woche. So werden die Abläufe automatischer, und im Prüfungsstress greifen sie schneller.
Wenn du willst, kannst du dir diese Routine als PDF ausdrucken oder als Notiz im Handy speichern. Kleine Rituale wie dieselbe Atemübung vor jeder Prüfung geben Stabilität und schaffen Vertrauen in die eigene Handlungsfähigkeit. Falls die Angst sehr stark ist oder sich chronisch zeigt, lohnt sich professionelle Unterstützung durch Schulpsycholog:innen oder Therapeut:innen.
Probier die 30-Minuten-Routine beim nächsten Mal aus – nicht erst in der Klausurwoche, sondern bei einer Übungsklausur oder einem Probeabend. So weiß dein Körper, was zu tun ist, wenn es wirklich zählt.